Seit gut zwei Monaten bin ich mittlerweile in Buenos Aires, krass. Gleich zu Anfang habe ich nach Herausforderungen, Sportevents und Aktivitäten hier gesucht. Ein Triathlon wäre schon schön
gewesen, allerdings ist das hier wenig populär und es gibt eigentlich kein Wasser, in dem man schwimmen kann sowie kaum Schiwmmbäder. Nach ein paar Wochen hatte
Madison, eine
Austauschstudentin aus den USA in einer WhatsApp-Gruppe gefragt, ob jemand mit ihr den Maratón de Buenos Aires machen möchte. Da ich das auch schon überlegt hatte, hatte ich es noch
gefestigter im Kopf, ehe Maxime mir von ebengleichem Vorhaben erzählte. So war der Entschluss gefasst und endlich hatte ich einen Grund wieder Sport zu machen und zu trainieren. So bin ich drei Wochen lang fast
täglich laufen gegangen, mal alleine, mal mit Maxime. Mal bei Regen, mal bei Sonne. Mal im Park, mal auf der Straße. Da ich meine Garmin-Uhr leider nicht mehr finden konnte, hatte ich keine
Ahnung, was ich wirklich trainiert habe, nur die Zeiten. Bis zu 1.30h waren die Trainingseinheiten und ich war danach immer erstaunlich fit. So fühlte ich mich breit für den Lauf und die letzten
vier Tage machte ich keine größeren Sporteinheiten mehr. Am Freitag hatte ich den Termin beim Sportarzt, denn für das Event brauchte man eine ärtzliche Fitnessbescheinigung. Danach ging es zur
Expo, die die Tage vor dem Event für Sportler stattfand. Dort habe ich meine Startnummer samt Kit abgeholt, was echt erstaunlich schnell ging und sehr gut organisiert und strukturiert war. In der
Zeit, wo wir unsere T-Shirts beflocken ließen, machten wir noch eine orthopädische Einheit, bei der sich herausstellte, dass ich vlt auch mal an Sporteinlagen für die Schuhe denken sollte.
Ich trank 14 Tage - bis auf eine Ausnahme - keinen Alkohol und freute mich rießig auf diesen Sonntag. Erinnert an die coole Pastaparty mit Tobi, Cosima und Freunden im Frühjahr in
Erlangen vor der 2x5km Staffel mit Matthias, bekochte uns dieses Mal Sophia mit lecker Pasta a la Lukas - also Pasta Cabonara - samt
Nachspeise. Ein witziger Abend und der Start in eine eigene Promi-Dinner-BA Variante :)
Um 5 Uhr morgens - wenn die Argentinier normalerweise noch am Feiern sind, stand ich auf, frühstückte und fuhr zum Rennen, wo ich bereits im Bus einen Argentinier traf, der mich sicher zum Start
brachte. Während der Busfahrt trafen wir einige angetrunkene Argentinier, welche heimfahren wollten - c'est la vie en BA.
Angekommen am Startplatz traf ich ohne Handy zufällig auf Maxime, Madison trafen wir unter den mehr als 20.000 Läufern plus Zuschauer leider nicht mehr. Nachdem wir unsere Wertsachen abgegeben
hatten, wollten wir noch vor dem Rennen uns erleichtern, allerdings war die Warteschlage vor den Dixis enorm. So waren wir erst fertig, als das Rennen schon begonnen hatte und wir liefen nicht in
unserer Startgruppe (5/7) los, sondern von ganz hinten. 10:30 Minuten nach offiziellen Start überquerten wir die Startlinie und liefen gemeinsam los. Es begann ein munterer Slalomlauf, was mir
aber Spaß machte. Man merkte jede Straßeneinengung in der Masse, wo es sich dann ab und zu kurz staute. Die erste Verpflegunsstation umliefen wir, da es uns echt noch gut ging. Nach ca. 6km
trafen wir dann auf Madison, die eigentlich eine Startgruppe vor uns gestartet war und nach einem kurzen Plausch liefen wir weiter. Bei einem der nächsten Überholmanöver verlor ich Maxime und
ging in meinem Tempo weiter. Nach 8km konnten wir auf die Gegenspur schauen (die Strecke war eine einfache Hin- und Rückstrecke) und sahen da schon Massen laufen, was ich echt krass fand, hatten
die doch bereits die 1,5-fache Distanz hinter sich. Am Casa-Rosada, dem Wendepunkte schloss Maxime auf einmal wieder auf mich auf. Das erstemal nahmen wir beide nun einen Schluck Wasser zu uns,
blieben aber nicht stehen, um am Laufen zu bleiben. Nach ca. einem Kilometer verlor ich Maxime wieder, so ging das dann immer wieder weiter. Bei Abfahrten war ich Vorne, in Steigungen konnte sie
ihre Stärke ausspielen (wie ich immer beim Fahrradfahren ^^). Wir liefen alsbald auf die Autobahn, die extra gesperrt worden war. Es war schon krass mit so einer Masse an Leuten auf einer fünf
bis sechsspurigen Autobahn ein Rennen zu laufen. Wenn man mal weiter nach Vorne schauen konnte, sah man nur Menschenmassen, das war schon krass. Was mich auf der Autobahn allerdings viel mehr
beeindruckt hat (also nicht positiv), war, dass man links und rechts die villas (das ist das Gegenteil des deutschen Villas - also Armenviertel) gelaufen sind. Die Autobahn geht kilometerweise
durch diese aus Holz und Ziegelsteinen gebauten Flachbauten, in der eigentlich kein Mensch verdient hat zu wohnen. Für mich war das einfach bewegend und krass, v.a. dann Werbetafeln zu sehen, die
in den villas plaziert sind. So nah und doch so fern sind arm und reich. Aber auch hier konnte mich Maxime beim Hase und Igel-Spiel wieder einholen. So überquerten wir gemeinsam die Zwischenzeit
bei 15km und es fühlte sich überhaupt nicht so an. Nach ein paar weiteren gemeinsamen Kilometern, wo mal der eine den anderen gezogen hat und andersrum, musste ich nachgeben und konnte sie nicht
mehr so einfach einholen, wobei ich sie die ganze Zeit sah, war es doch für mich Motivation genug nicht gegen sie zu verlieren. Ab km18 hat sich der Kopf eingeschalten und es wurde echt ein
Kampf. Ich nahm ein weiteres Mal einen Schluck Wasser zu mir und gab alles. Bei km19 konnte ich mit einem angezogenen Sprint Maxime einholen und wir beschlossen, gemeinsam zu finishen, so kurz
vorm Ziel. Just in diesem Moment hat der prognostizierende Regen eingesetzt, was ersteinmal eine willkommene Kühlung war - genauso wie der Wind auf den ersten Kilometern. Bei einem Trainingslauf
hätte ich wahrscheinlich schon aufgegeben, aber die Masse zieht einen mit, auch wenn man immer mehr Leute sah mit Krämpfen oder gehend. Nach einigen Metern nach km20 gab es eine kleine Kurve und
wir erhofften uns beide das Ziel danach, doch auch nach der Kurve sahen wir es nicht, was Maxime mit einem "Wo ist das Ziel" quittierte und damit meine Gedanken zu lesen schien. Wir schafften es
am Ende beide ziemlich geschafft nach 2:17 also 2:07 netto ins Ziel. Auch wenn es diesmal ein Halbmarathon war, wo ich realistisch war, war ich ziemlich stolz auf die Leistung, hatte ich doch die
ersten 4-5 Wochen hier keinen Sport gemacht - nichtmal das alltägliche Fahrradfahren. Nach ein paar Bananen, Wasserflaschen und Energydrinks fanden wir auch Maximes Freundin Vicky wieder, die die
ganzen zwei Stunden auf uns gewartet hat und unsere Wertsachen verwahrte - und das ohne die Nacht geschlafen zu haben. Danke Vicky! Da ja nicht alles an einem Tag klappen kann und man mindestens
eine gute Tat am Tag tun sollte, halfen wir noch einer Brasilianerin, die ihre Gruppe verloren hatte und kaum Spanisch sprach. Hier merkte ich ein weiteres Mal, wie cool und gut es ist, mehrere
Sprachen zu sprechen. Aber auch schon ein kreirter WifiHotspot und eine Jacke konnten der frierenden Dame helfen und so brachten Maxime und Vicky sie noch ins Hotel. Sport verbindet - jeder hilft
jedem, egal ob Sprachbarrieren oder andere Barrieren existieren. Ein großer Respekt gebührt auch den vielen körperlich Gehandigapten und Blinden, denen ich unterwegs begegnet bin.
Danke auch an meine Trainer und Mentoren des Scilly-Ötillö Dirk und Lars :), meinem Anfeuerer beim Wings-for-Life Run in Valencia Lukas
und meine Begleiter bei der 2x5km Staffel in Erlangen. So war mein viertes Rennen in der vierten Disziplin/Distanz am vierten Ort perfekt!
Das Wetter hat Gott sei Dank mitgespielt und war trocken bis fast zum Ende - definitiv besser als in der Mittagshitze im Mai in Valencia zu laufen ;)
Zum Schluss will ich noch die Unterschiede zwischen Deutschland und Argentinien erklären. Auf den ersten Blick alles gleich, toporganisiert mit vielen fleißigen Helfern. Allerdings wurden die
Becher und Obstschalen auf die Straße geworfen, so dass es teilweise rutschig wurde, so gab es im Ziel keine Musik oder Party (oder ein Schwimmbad wie in Zeil), es gab deutlich weniger
Erste-Hilfe-Stationen und ein Chaos bei der Abfahrt. Wo in Deutschland Busse bestellt wären oder Taxifahrer geiern würden, interessierte der Abtransport von mehr 20.000 durchgeschwitzten und
nassen Läufern, die im Regen ausharrten, niemanden auch nur die Bohne. C'ést la Vie
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