Kapitel 3, Auszug nach España - Vers 1,2 Ankunft

Die nächste kurze Nacht stand bevor, denn um 6.30h startete mein Flug von Nürnberg nach Alicante. Nachdem ich glücklicherweise beim Fabi in Nürnberg pennen konnte, musste ich erst um 4.40h aufstehen. Die ganze Nacht und die Metrofahrt am morgen war ich noch leicht nervös, da ich nicht wusste, ob mein Rucksack (58cm hoch) als Handgepäck durchgeht, das auf 55 cm beschränkt ist.

Am Flughafen angekommen, traute ich erst meinen Augen nicht, denn es existieren echt schon sogenannte 3D Scanner am Flughafen. Das musste ich bei der Sicherheitskontrolle gleich ausprobieren. Nachdem alles aber richtig Ausschlag bei mir, wurde ich noch auf Herz und Nieren überprüft. Und da ich scheinbar mit meinem neuen Bart wie ein Krimineller ausschauen, musste ich auch noch jedes Einzelteile meines Rucksäcke überprüfen lassen, dabei hatte ich doch so effizient gepackt. Da der Sprengstofftest natürlich negativ ausfiel, durfte ich beruhigt weitergehen und dann ins Flugzeug steigen. Mein eigentlicher Plan war, während des  zweistündigen Fluges zu schlafen. Doch mein Sitznachbar war sehr gesprächig. Und was war er? Genau Rudolph (so hieß er glaube ich..) war Elektroingenieur bei Siemens (Healthcare), aber schon seit einem Jahr im Ruhestand. Habe ich zuletzt öfters nicht gewusst, welche Richtung ich für meinen Master bzw. mein weiteres Studium einschlagen will, konnte er mich sehr schnell für seinen Job begeistern. Meine Liebe zur Elektrotechnik war in gewissermaßen neu entflammt. Zuletzt habe ich mich immer wieder gefragt, was ich genau machen will, in welcher Branche, bei welcher Firma, in welchem konkreten Job ich mich vorstellen könnte. Meine Bachelorarbeit hat mir am Ende auch ziemlich viel Spaß gemacht, wo ich die ganze Thematik ziemlich gut verstanden habe. Aber irgendwie ist das sehr theoretisch alles gewesen. Und will ich wirklich in der Mobilkommunikation weiterarbeiten? Ich meine, ich finde die physikalische Funktionsweise einer Atombombe auch ziemlich interessant? Aber daran arbeiten? Nein, das könnte ich nicht.

Genauso stört mich eigentlich der teilweise immense Handykonsum, die ständige Weiterentwicklung und Perfektionieren der Gesellschaft. Teilweise funktionieren wir nur noch wie Roboter, sind Marionetten von Maschinen. Will ich wirklich diesen Bereich weitervorantreiben? Ich weiß es nicht... Umso mehr begeistert war ich von der Medizintechnikbranche, als Rudolph davon erzählt hat. Da war genau das dabei, wonach ich mich zeitweise gesehnt habe. Er erzählte von Projektmanagement, Produktentwicklung in kleinen Mengen, Instandsetzung, aber auch internationalen Reisen und Meetings, Entwicklung für spezielle Bedürfnisse, die mir auch sehr sinnvoll erscheinen. Diese Begeisterung habe ich nicht zuletzt, da ich vor zwei Jahren und er Ferienakademie im Sarntal einen Kurs besuchte, bei welchem ich einen mit Sensoren verbauten "Wheelchair Skibob" mit entwickeln durfte. Dass die Entwicklung einen wirklich sinnvollen nutzen hat, dass man nicht nur die Beschleunigung der Gesellschaft weitervorantreibt, die Depersonalisierung fördert, und dass man die gesamte Entwicklung von Beginn bis zum Prototypen macht, all das hat mir damals so gut gefallen. Genau davon hat jetzt auch Rudolph erzählt, so ähnlich war seine Arbeit auch. Er konnte mich sehr von diesem Bereich begeistern. Einige Leute würden jetzt vielleicht nicht mehr von Zufall sprechen, ich bleibe aber erstmal bei Zufall.

Das hat mir zumindest noch den letzten Schlaf geraubt, den ich eingeplant hatte. In Alicante angekommen, realisierte ich so langsam erst, was zuletzt passiert ist, und was mir bevorsteht. Es war ein unglaubliches Gefühl der Freiheit, weshalb ich sofort einen Ohrwurm von dem Lied "Ich bin frei" von der Ministrantenromwallfahrt 2014 im Kopf hatte. Die folgenden zwei Stunden ging ich einfach nur am Strand entlang, habe die Sonne genossen, nachgedacht, besonders über die Begegnung im Flüge und viel auch über Glaube und Kirche. Es war auf jeden Fall mir in langer Hose und T-Shirt auf Dauer in der Sonne zu warm. Zuletzt vor einer Woche habe ich noch Winterjacke und Schal getragen. Krass!

Während ich Musik hörte, kam auch das Lied "Wake me up" und ich fand genau das passt jetzt, "Wake me up wen ist's all Over"

Ich versuchte mich einmal für ein paar Minuten auf einen Stein zu setzen, die Ruhe zu genießen, einem Angler zuschauen. Doch ich merkte, ich hielt es keine Minute aus, ohne etwas zu tun. Nur still dasitzen, nichts tun, ausruhen. Ich konnte es nicht mehr, ich hatte es verlernt. Klar ist es eine gute Fähigkeit, wenn man ohne es zu merken Tage durcharbeiten kann. Aber ich glaube viele von uns haben es verlernt zur Ruhe zukommen, abzuschalten, den Moment auszuharren. Gerade dadurch, dass wir immer wieder unser Handy zucken, wenn wir auf dem stillen Örtchen hocken oder auf jemanden warten. Wir können nicht mehr abschalten, runter fahren, dem Kopf eine Verschnaufpause geben, eine Pause, unsere Gedanken zu sortieren...

Ich suchte mir dann einen netten kleinen Imbiss heraus und hatte sofort mein Erfolgserlebnis. Ich schaffte es auf Spanisch zu bestellen, der Kellner wollte auf Englisch umschwenken, doch ich blieb hartnäckig und er entgegnete mir in Spanisch. Er war eigentlich das Klischee eines Spaniers, verteilt, sympatisch, hudelnd, flapsig, aber immer entspannt. Da alle Tourismusbüros zuhalten, fragte ich ihn auch nach Sehenswürdigkeiten in Alicante und erzählte mir die zwei wichtigsten und wie ich hinkommen. Ich stieg auf die Burg hoch, die echt richtig schön war, gut erhalten war, und von welcher man einen guten Überblick über die Stadt verschaffte.

Den ganzen Nachmittag war ich allerdings ziemlich fertig. Ich glaube zwei Wochen wenig Schlaf, früh aufstehen, ein beschäftigter Kopf, eine Feier mit Alkohol (nachdem ich zuletzt quasi nix getrunken habe) und ungewohnte Sonne, waren eine schlechte Kombi. So legte ich mich in einen Park in der Stadt und ruhte mich ein wenig aus. Ansonsten verschaffte ich mir noch eignen guten Überblick über Alicante und genoss das Ambiente auch abseits der Tourismuszonen.

Damit ich meiner Gewohnheit nicht weiternacheilte, suchte ich den Bahnhof rechtzeitig auf. 30 Minuten vor der Abfahrt nach Valencia war ich dort. Aber ich war ziemlich fertig. Ein wenig erstaunt war ich, dass es extra Zugabteile für Touristen gibt... Gut finde ich übrigens das Ticketsystem hier. Man muss immer am Anfang und am Ende scannen und wird so kontrolliert, ob alles passt. Schwarzfahrer haben kaum eine Chance. Die Metrotickets in Valencia sind auch nicht wie in Deutschland gewohnt zu Stempeln sondern sind RFID-Checkkarten, von welchen elektronisch eine Fahrt abgebucht wird.

Ich war sehr zufrieden, dass ich überall verstanden wurde mit meinem Spanisch und mir meist auch auf Spanisch geantwortet wurde.

Als ich am Abend in Valencia ankam, empfing mich Lukas wieder. Endlich vereint, nach fast neun Monaten seiner Abstinenz. :)

Ich lud ihn gleich zum Essen ein, und ich merkte, dass Valencia deutlich günstiger ist als München oder Erlangen, und zudem, dass das Bier hier deutlich schlechter ist.

 

Am nächsten Tag unternahm ich mit seiner WG einen Ausflug ins Paradise :) Lukas wohnt mit sechs weiteren internationalen Studenten in einer WG, zwei Mexikanerinnen, zwei Isländerinnen, einem Franzosen und einem Engländer. Auf der 2h Fahrt zu "el paraíso" erfuhr ich so einiges interessante über deren Kulturen.

1. Wenn Mexikaner planen, ist es "friamente calculado"

2. Der Wikinger-Clap der Isländer bei der EM ist nichts traditionelles, sondern wurde zu der EM von einer Fangruppe erfunden

3. Die Inzestapp in Island existiert wirklich, benutzen tut sie aber keiner.

Weitere Anekdoten folgen :)

Dort badet ich auch das erstmal dieses Jahr

Dafür wie es im Paraiso bei Ontinyent war, lasse ich lieber Bilder sprechen:

 

P.S. Allerliebste Grüße an meine Evodia :D

 

 

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